Aus für Billigflughafen Weeze hat keine Folgen für Hahn

Offenbar kein Präzedenzfall - Anwohner hoffen auf mehr Kooperation

WEEZE/RHEINLAND-PFALZ. Statt röhrenden Billigfliegern werden künftig nur noch die Spatzen zur lautlosen Landung auf dem Flughafen Weeze am Niederrhein ansetzen. So zumindest will es das Oberverwaltungsgericht Münster, das kürzlich per richterlichem Beschluss die Genehmigung für die zivile Nutzung der ehemaligen britischen Militärbasis aufhob. Ein Rückschlag für die Wachstumsbranche der Billigflieger und Wasser auf die Mühlen der Fluglärm-Gegner.

Dabei kam das Urteil so überraschend wie kompliziert: "Die Genehmigung leidet an Mängeln, die nicht durch eine bloße Ergänzung zu beheben sind und daher zur Aufhebung der Genehmigung führen", begründete das Gericht und erteilte der Bezirksregierung Düsseldorf damit eine Ohrfeige.

So erlaubte die bisherige Betriebserlaubnis die ungehinderte Nutzung für den Tourismusflug. Allerdings - und hier liegt die Kritik der Richter - ohne die Entwicklung des umliegenden Gebiets zu berücksichtigen. Entgegen dem offiziellen Gebietsentwicklungsplan, der auch Wartungszentren und anderweitige Wirtschaftsleistungen für die Region vorsehe, sei in der Genehmigung davon keine Rede. Daher kamen die Münsteraner Richter schließlich zu dem Ergebnis: Ohne zusätzlichen Nutzen für das Umland ist der aktuelle Fluglärm nicht zu rechtfertigen. Also Start- und Landeverbot, sobald das Urteil in rund zwei Monaten gültig ist.

Keine Revision erlaubt

Und daran gibt es wenig Zweifel, schloss Münster eine Revision vor dem Bundesverwaltungsgericht bereits aus. Einer Beschwerde gegen das Revisionsverbot werden zudem kaum Chancen eingeräumt, so dass sich die klagenden Gemeinden fast am Ziel sehen.

Bei der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen (ADV) sieht man das letzte Wort hingegen noch nicht gesprochen: "Es ist davon auszugehen, dass die Regierung eine neue, verbesserte Genehmigung erstellen wird", sagt Ulrike Funk, Bereichsleiterin für Wirtschaft und Recht. Schließlich habe das Gericht nur bemängelt, dass die Genehmigung nicht umfassend sei, und den Standort Weeze nicht kategorisch in Frage gestellt. Zudem glaubt Funk nicht, dass von dem Urteil eine Signalwirkung mit Konsequenzen für andere Flughäfen ausgehe. Also kein Präzedenzfall? "Weeze ist ein Einzelfall", ist man sich beim ADV sicher.

"Die Richter gehen zunehmend auf die Bedürfnisse der Anwohner ein", meint hingegen Joachim Hans Beckers. Zusätzlich verweist der zweite Vorsitzende der Bundesvereinigung gegen Fluglärm (BVF) auf ein Gerichtsurteil, das kürzlich eine Änderung der Betriebserlaubnis für den Flughafen Dortmund zugunsten der Anwohner verwarf. "Bisher sind die Regierungen über Einwände einfach hinweggegangen", erklärt Beckers, "durch das Weeze-Urteil hoffen wir nun, dass der Dialog mit den Anwohnern intensiviert wird." Er wünsche sich mehr Kooperation, schließlich seien die Einwände der Bürgerinitiativen nicht kategorisch gegen den Flugbetrieb.

Qualität statt Quantität

Und auch im Hunsrück hofft man auf eine gewisse Strahlwirkung vom Niederrhein: "Sicher muss man beim Stichwort ,Nutzen für die Region" nicht nur nach der Quantität, sondern vor allem nach der Qualität fragen", analysiert Christiane Schenk, Sprecherin der Bürgerinitiative gegen Nachtfluglärm am Flughafen Hahn, im Hinblick auf die angekündigten Arbeitsplätze. Zudem sei mehr als fraglich, ob die Nachtflüge für die touristische Entwicklung der Region förderlich seien. An eine Klage nach dem Weeze-Modell denkt die Initiative jedoch derzeit nicht: "Wir setzen auf die gemeinsame Klage mit dem Naturschutzverband BUND und da steht das Verfahren noch aus."

Auf der Seite der Beklagten demonstriert man hingegen Gelassenheit: "Das Urteil in Weeze betrifft uns nicht und wir sehen auch keinerlei Vergleichspunkte", stellt Flughafensprecherin Nuray Güler fest. Am Niederrhein habe es mehrere Klagen gegeben, während hier die der Gemeinde Morbach bereits abgewiesen sei. Auch zu einer internen Überprüfung der Betriebsgenehmigung auf Rechtslücken sieht man keine Veranlassung. "Wir arbeiten in Abstimmung mit dem Oberverwaltungsgericht, wie die Verlängerung der Start- und Landebahn zeigt." Peter Lausmann

Quelle: Rhein-Zeitung