Schwer erziehbare Minister

Kleve, 11.01.2008, Andreas Daams
Die wöchentliche Kolumne mit Lambert Lästig

Eigentlich ist ja nichts geschehen. Aber alle regen sich auf. Hilfe! Ein "Erziehungscamp" soll nach Bedburg-Hau. Genauer: nach Till-Moyland. Vielleicht gar in Blickachse zum Weihnachtsmarkt und zum neuen Hotelprojekt? Da kriegt man als Bürger ja Angst, dass bald auch hier gewaltbereite Jugendliche in der U-Bahn friedliche Rentner überfallen, wie das neulich in München geschehen ist. Wir haben nur ein Problem, nämlich: keine U-Bahn. Und das ist der eigentliche Skandal. Wir können schwer erziehbaren Jugendlichen nicht einmal eine U-Bahn bieten! So sieht es aus bei uns! Zu dieser brennenden Frage schweigen selbst die sonst so redseligen Politiker. Dabei könnte ein U-Bahn-Projekt zwischen Schwanenburg und Flughafen mit Haltestelle in Moyland Hunderte Arbeitsplätze schaffen. Anteilig finanziert aus dem Gesundheitsministerium (weniger Feinstaub auf der B9), dem Jugendministerium (Teststrecke für schwer erziehbare Jugendliche) und der Wirtschaftsförderung (damit sich die Millionen Touristen am Niederrhein nicht gegenseitig tottrampeln). Außerdem könnte man die Straßenbahnhaltestelle von Joseph Beuys für diesen Zweck umarbeiten und auf diese Weise Fördergelder der Kulturstiftung lockermachen. Und wenn man nun gar einen der Lüftungsschächte bis in die Niederlande verlängert, finanziert gewiss auch die Euregio die U-Bahn noch kräftig mit. Also - wenn das kein Zukunftsprojekt ist? Was nun das Erziehungscamp angeht, so muss ich an dieser Stelle den Minister tadeln. Nicht für seine Verwechselungen und Wortklaubereien - das geht schon in Ordnung. Aber er hätte ja auch mal an die Landeskasse denken können. Statt Geld für ein Erziehungscamp auszugeben, sollte er damit doch lieber Geld einnehmen. Das ginge ganz einfach: Jeder selbsternannte Hobbypädagoge, der ganz genau weiß, wie man die Jugendlichen wieder in die Spur bringt, kann sich gegen entsprechendes Entgelt im Erziehungscamp am lebenden Objekt versuchen. So spart man nicht nur teures Personal, sondern kassiert obendrein auch noch ganz ordentlich. Die Fernsehwagen, die jetzt in freudiger Erwartung der schwer erziehbaren Jugendlichen schon mal Aufstellung in Moyland genommen haben, könnten dann auch gleich dableiben und eine Doku-Soap aus alledem machen. Was gäbe das für Einschaltquoten, wenn Ministerpräsident und Jugendminister den Jugendlichen beizubringen versuchen, immer hübsch "bitte" und "danke" zu sagen! So viele gute Ideen in so wenigen Zeilen! Dafür sollte ich dem Ministerium jetzt eigentlich erst einmal eine saftige Berater-Rechnung schreiben.  

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