RAF-Flugbetrieb 1954 - 1999

4. Flugbetrieb Phase II (1992 bis 1999)

Die zuletzt auf Laarbruch stationierten Kampfflugzeuge vom Typ "Harrier" haben ein anderes Anforderungsprofil als die in den Jahren davor eingesetzten Jagdbomber. Der Harrier ist ein Multifunktionsflugzeug, das "normal" starten und landen kann, aber auch als Senkrecht- starter (und -lander) eingesetzt wird. Dadurch kann der Harrier nicht nur in alle Richtungen abfliegen, sondern - wie ein Hubschrauber - auch aus jeder Himmelsrichtung anfliegen. Der Harrier erreicht diese Fähigkeit durch verstellbare Düsenaustritte, die ihm eine enorme Wendigkeit verschaffen. Im Luftkampf während des Falklandkrieges 1982 hat sich der Harrier außerordentlich bewährt. Mit seinen universellen Fähigkeiten war er das ideale Fluggerät für die neu geschaffene QRF.

Während des Kalten Krieges sollte der Harrier dezentral im Wald versteckt werden, um im Ernstfall von hier aus in einer Art "Partisanentaktik" die gegnerischen Luft- und Boden- streitkräfte zu bekämpfen. Bei der NATO ging man davon aus, dass die eigenen Flugplätze im Kriegsfall schnell zerstört werden würden. Daher gehörten Tarnungsübungen fern der Heimatbasis zum Trainingsprogramm der Harrier. "Normale" Starts und Landungen über die "Runway" blieben auf Laarbruch Standard. Darüber hinaus wurden auch Senkrechtstarts und -landungen trainiert, die in der Regel, aber nicht ausschließlich, über die gewohnten Einflug- schneisen abgewickelt wurden.

Bei den Hubschraubern kam es dagegen häufiger vor, dass der Flugverkehr nicht über die in Ost-West-Achse (Ausrichtung der Runway) abgewickelt wurde, obwohl ein Abweichen von der Standardroute aus Gründen der Flugsicherheit auch hier die Ausnahme blieb.

Für die Bewohner der Einflugschneisen stellte sich daher eine begrenzte Reduzierung der Überflüge ein, was aber auf Kosten der Anwohner ging, die nicht in dieser Ost-West-Achse wohnten.

Bei den zahlreichen Platzrunden schwenkten die Jets, Westwind vorausgesetzt, allerdings erst über dem Laar in die Einflugschneise ein, also kurz vor dem Flughafengelände. Dabei drehten die Harrier der Phase II in der Regel von Norden kommend auf die Ost-West-Achse ein, weil die Platzrunden in dieser Zeit (ab 1992) von Laarbruch ausgehend über St. Petrus- heim, Hülm und den Westrand von Weeze geführt wurden (vgl. Video 5); die Jets in der Phase I dagegen flogen bis 1992 die Südschleife über Wemb. Größere Flugzeuge, etwa die vierstrahligen AWACS-Maschinen, mussten aber auch nach 1992 die Südschleife fliegen, da sie weniger wendig sind; die Maschinen müssen einen größeren Radius fliegen, wobei sie auf der Nordroute Weezer Ortsgebiet überflogen hätten. Dies wollte die RAF unbedingt vermeiden, da die Weezer unter dem Fluglärm ohnehin am meisten zu leiden hatten. Unabhängig davon bekamen die Anwohner östlich der B 9 von den normalen Platzrunden in der Regel nichts mit, auch nicht in der Einflugschneise, wie etwa in Winnekendonk. Ähnliches gilt für Überflüge durch Besucherflugzeuge; soweit es sich um Kampfjets handelte, drehten diese häufig erst kurz vor dem Flugplatzgelände auf die Ost-West-Achse ein, dabei aber auch aus südlicher Richtung kommend (s. Video 1).

Die üblichen "Roller" bzw. "Touch-and-Go"-Manöver sowie "Overshoots" und die damit ver- bundenen Platzrunden waren in Phase II weiter an der Tagesordnung (s. Video 5). Allerdings erfolgten etwas weniger Tiefflüge über die Heimatbasis, da dies im Anforderungsprofil der Harrier, anders als bei den reinen Jagdbombern in der Phase I, nicht die ausschließliche Aufgabe war.

Insgesamt gab es in der Phase II aus den genannten Gründen eine größere Streuung der ohnehin stark zurückgegangenen "Lärmereignisse" im Umland des Flughafens.


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Ein Harrier der 4. Sqn. bei einer Tarnungs- übung am Niederrhein, außerhalb des Flughafengeländes, 1994.
Foto: Hal Palmer


Seit 1992 waren nur noch wenige Jets vom Typ Harrier auf Laarbruch anwesend, die ihr Training aber nur noch teilweise über dem Niederrhein absolvierten. Hier zwei Maschinen der 4. Sqn, im Vordergrund der einsitzige Harrier GR 7, im Hintergrund die doppelsitzige Trainerversion T 10. Foto: RAF Germany, 1997


Ein Harrier der 3. Sqn. landet senkrecht auf der nördlichen Runway von Laarbruch. Hier ist ein Betonuntergrund vorhanden, der bei Senkrechtstarts und -landungen benötigt wird; die Haupt-Runway war dagegen asphaltiert und für diese Art der Landung bzw. des Starts nicht geeignet, weil die Hitzewirkung der nach unten gerichteten Düseneintritte den Asphalt beschädigt hätte. Foto: Ron Kellenaers

VIDEO 5 erneuert
"Overshoot" Harrier (1994) mit anschließender Platzrunde (Nordschleife)


Foto: RAF Laarbruch